GESCHMACKSACHE: VON TOMATEN UND VON FISCHEN

Es gibt eine Szene, die macht deutlich, wofür dieses Lokal steht. An einem späten Abend kommt ein Gast an den Tresen und fragt nach einer Reservierungsmöglichkeit an einem Feiertag. „Oder ist das wie an einem Sonntag, und ihr habt zu?“ Zur Antwort bekommt er, dass er sich einen Moment gedulden solle. Kurz wird hinter den Kulissen Rücksprache gehalten, dann die Auskunft: „Mein Mann und ich fahren sowieso nicht weg, da können wir auch für unsere Gäste da sein.“ Im Bistro „Lobster“ in Frankfurt-Sachsenhausen ist ein angenehmer Abend zu einem großen Teil aus den Zutaten Herzblut und Freundlichkeit gemacht, sehr solides Essen kommt hinzu.

Das Angebot stammt aus dem Fundus, der oft als mediterran bezeichnet wird. Der Begriff ist so unpräzise wie alle, die mehrere Länderküchen umfassen. Sie haben aber den Vorteil, dass sie auf der einen Seite Räume in der Phantasie aufmachen und auf der anderen zu einer Verständigung auf kleinstem gemeinsamen Nenner beitragen: Labskaus und Köttbullar gehören nicht zur mediterranen Küche, Tomaten- und Tintenfischgerichte schon eher.

Im „Lobster“ gehören zum Repertoire Gerichte aus dem Italienischen und dem Südfranzösischen, das eine mehr, das andere weniger streng am klassischen Kanon angelehnt, ohnehin vermischen sich die Grenzen ja mehr und mehr. Das Ca­prese zum Beispiel, das der Service bringt, Tomatenscheiben, bedeckt mit Büffelmozzarella, beflaggt mit Basilikumblättern, besprenkelt mit gemahlenem schwarzen Pfeffer und angerichtet auf einem Spiegel von Olivenöl: Das sieht italienisch aus, wird aber so auch in Frankreich gerne gegessen.

Gepflegte Schlichtheit

Gegründet worden ist das „Lobster“ vor 35 Jahren, zunächst, wie Inhaber Thomas Valk auf der Internetseite des Lokals schreibt, als Weinprobierstube, seit einem Vierteljahrhundert ist es ein Restaurant. Für Lokal-Geschichtler: Eine Weile hat es Ulrike Wipfler geführt, die 1996 mit Uwe Vollmershausen die Apfelweingaststätte „Föhl“ in Neu-Isenburg übernahm. Unter beider Regie ist sie zu einem der empfehlenswertesten Orte dieser Art weit und breit geworden.

Wer auf der Suche nach Genuss ist, dem kann man einen Besuch im „Lobster“ nur raten. Schon das Ambiente ist einnehmend mit seiner sehr französisch anmutenden Mischung aus gepflegter Schlichtheit, bei der die Gläser funkeln, ein Stuhl auch mal ein bisschen wackeln darf und Holzvertäfelungen die Patina Tausender gelebter Stunden und unzähliger dort geführter Gespräche haben. Dabei sollte man Vertrauliches eher nicht zu bereden haben – man kommt seinen Nachbarn recht nahe.

Schöne Vorspeisen sind die sensibel gewürzte Tomatensuppe, die mit Mozzarella überbackenen Zucchini, die einen nach dem ersten Bissen gedanklich an einen Ort weit weg von Frankfurt führen. Das gilt auch für die gegrillte Hühnerleber mit Feldsalat; die Leber ist leicht kross, innen saftig, das Salatdressing schmeckt nach gutem Öl und gutem Essig.

Beispielhaft für den klaren und zupackenden, stellenweise sehr üppigen Geschmack, den hier alles hat, stehen die Kalbsmedaillons à la pizzaiola und der Lachs in Dijon-Senf-Sauce; wegen des zarten Fleischs und des Fischs, der sich der Gabel mit genau dem richtigen Widerstand ergibt, und beides wegen der mundfüllenden harmonischen Saucen. Dessert-Tipp: die Zabaione oder das gratinierte Obst. Wer gerne Weißwein trinkt: den Sancerre, Domaine des trois Noyers probieren. Fazit: sympathisches Beispiel für eine vom Aussterben bedrohte Form inhabergeführter Gastronomie (Hauptgerichte bis etwa 40 Euro).

Lobster, Wallstraße 21 in Frankfurt. Telefon: 069 61 29 20. Öffnungszeiten: montags bis samstags von 18 Uhr an. Sonntag Ruhetag.

2024-07-05T09:32:44Z dg43tfdfdgfd