Gilberto Greco (62), Gastronom aus Spandau, behauptet: „Mein Vater war der Erste, der in Berlin in seinem Restaurant Pizza anbot. Und das war schon 1952!“
Muss Berlins Pizza-Geschichte jetzt neu geschrieben werden? Denn bislang konkurrierten drei Gastronomen um das Recht des Urhebers.
► Das „Roma“ in Schöneberg, gegründet 1965, gilt als die älteste Pizzeria der Stadt.
► Schon 1962 soll der spätere Promi-Wirt Franco Francucci („Ciao Ciao“) sie vom Blech in seinem ersten Lokal „La Grotta“ an der Charlottenburger Bleibtreustraße serviert haben.
► Noch früher, nämlich Anfang der 50er-Jahre, will Alfio Nicotra, mit dem „Sicilia“ an der Weddinger Wollankstraße Berlins erste Pizzeria eröffnet haben.
Aber der schnellste Pizza-Bäcker war seinem Sohn zufolge: Guido Greco in seinem „Bella Napoli“ an der Ecke Kurfürstenstraße/Rathausstraße in Mariendorf.
Guido Greco († 2006) stammte aus Arpino, einem kleinen Dorf in Mittelitalien. Dort wuchs er auf einem Bauernhof auf – doch das einfache Landleben war nichts für ihn. „Mein Vater wollte mehr vom Leben“, sagt Gilberto Greco, „er suchte Abenteuer, neue Möglichkeiten.“
Statt eines Abenteuers erwartete ihn zunächst das Grauen des Zweiten Weltkriegs. 1943 wurde Greco von russischen Truppen gefangen genommen und als Zwangsarbeiter verschleppt. Später gelang ihm die Flucht – nach Berlin.
Nach dem Krieg blieb Greco. Hier wollte er leben, sich eine Zukunft aufbauen – und kochen. Zunächst schlug er sich auf dem Schwarzmarkt durch und schaffte es trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation, etwas Geld zur Seite zu legen – insgesamt 20.000 Reichsmark. Damit kaufte er den kleinen Eckladen und eröffnete 1947, mitten in der Nachkriegszeit, sein erstes Restaurant.
„Ein bisschen kochen konnte er zwar, aber das meiste musste er sich selbst beibringen“, sagt sein Sohn. Auf der Karte standen Spaghetti, Tomatensoße – und fünf Jahre später dann eine echte Sensation: die wohl erste Pizza Berlins!
Für die Berliner war der knusprige Teigfladen damals Neuland. Doch seine Strategie zahlte sich aus. Die Pizza wurde schnell zum Hit – einfach, günstig und sooo lecker. Auch ohne den Schnickschnack von heute. Gilberto Greco: „Die Karte war sehr übersichtlich mit wenigen Gerichten.“
In den folgenden Jahrzehnten baute Greco sein kleines Pizza-Imperium auf: Insgesamt eröffnete er sieben Restaurants in mehreren Bezirken. Viele seiner originalen Rezepte sind bis heute erhalten geblieben. „Aber nur im Kopf!“, so sein Sohn.
Sohn Gilberto führt das kulinarische Erbe seines Vaters weiter, eröffnete 1982 sein erstes italienisches Restaurant und betreibt seit 2007 das Eiscafé „Millefiori“ in Spandau.
Auch dessen Sohn Angelino Greco (38) ist gelernter Koch. Und die Tradition geht offenbar in die nächste Generation: „Meine beiden kleinen Söhne sagen schon jetzt, dass sie später in die Fußstapfen ihres Urgroßvaters treten wollen“, sagt Angelino.
Egal, wer die Pizza letztlich nach Berlin brachte – sie ist und bleibt ein zeitloser Klassiker.
Ihren Ursprung hat die Pizza, wie wir sie heute kennen, vermutlich im 18. Jahrhundert in Neapel. Dort soll sie von einfachen Leuten aus wenigen Zutaten wie Tomaten, Knoblauch und Olivenöl zubereitet worden sein.
Die wohl bekannteste Variante, die Pizza Margherita, entstand 1889 zu Ehren der italienischen Königin Margherita von Savoyen. Seit 2017 zählt die Kunst des neapolitanischen Pizzabackens sogar offiziell zum UNESCO-Weltkulturerbe. In Deutschland eröffnete die erste Pizzeria namens „Sabbie di Capri“ im März 1952 in Würzburg. 1970 brachte Dr. Oetker die erste Tiefkühlpizza in Deutschland auf den Markt.
Und welche Pizza lieben die Deutschen am meisten? Einer Umfrage von HelloFresh aus dem Jahr 2021 zufolge steht Pizza Salami unangefochten auf Platz 1, gefolgt von Pizza Tonno und der klassischen Margherita.
Auch bei den Rekorden mischt Pizza ganz vorn mit: Die längste Pizza der Welt wurde in Kalifornien gebacken – ganze 1,9 Kilometer lang. Und sogar sportlich hat die Pizza in Deutschland Spuren hinterlassen: 2007 gründete Umberto Napolitano die erste Pizza-Schule des Landes und später die deutsche Pizza-Nationalmannschaft. Über 25 Mitglieder vertreten seitdem die Qualitätspizza bei Wettbewerben und Veranstaltungen in ganz Europa.