Kennen Sie Cornelia Poletto, Sarah Wiener oder Léa Linster? Dalad Kambhu, Sonja Frühsammer oder Mira Murati? Die drei ersten fallen wohl in die Kategorie „Fernsehköchinnen der frühen 2000er Jahre“ und sind der breiten, etwas reiferen Masse recht bekannt. Sarah Wiener ist Menschen, die sich, anders als ich, etwas für Politik interessieren, nicht nur als Köchin, sondern auch als Europaabgeordnete für die österreichischen Grünen bekannt.
Dalad Kambhu ist Thailänderin, ehemaliges Model und hat innerhalb der Grill-Royal-Gruppe in Mitte ein Sternerestaurant eröffnet, das ganz gut ist. Sie ist damit immer noch eine der wenigen Frauen mit Michelinstern in Deutschland. Sonja Frühsammer war und ist die erste Sterneköchin Berlins. In der Foodieszene sind die beiden sicherlich bekannt, wie viele andere Frauen in der Hauptstadtgastronomie auch.
Aber was ist mit Mira Murati? Noch nie gehört? Ich bis vor kurzem auch nicht. Murati ist auch keine Köchin im engeren Sinne. Sie ist die Frau hinter ChatGPT, dem bahnbrechenden Chatbot, den alle jetzt benutzen. Murati ist Chief Technology Officer – CTO würden Berliner Start-up-Hipster sagen – bei OpenAI. Das ist der Name der Firma, die hinter ChatGPT steht.
Im Küchenjargon wäre sie also der Souschef. Also die wichtigste Person in der Küche der Künstlichen Intelligenz. Murati ist die Person, die all die Arbeit macht, während der Vorstandsvorsitzende, CEO genannt, die Sterne und Lorbeeren einheimst. Ihr Produkt ChatGPT, wie gesagt, ist gerade in aller Munde. Für uns Anlass genug, einmal zu schauen, welche kulinarischen Qualitäten die Technologie hat.
Vorweg beantworten wir kurz, was ChatGPT ist: ein Chatbot, also ein textbasiertes Dialogsystem für Benutzerschnittstellen, das auf Künstlicher Intelligenz (KI) beruht. Klartext: Eine Art Google, dem man allerlei Aufträge erteilen kann und was dann ganz solides Textmaterial ausspuckt. Am besten sind offene Fragen. Zum Beispiel: Wie würdest Du eine Netflix-Serie über Paul Bocuse machen?
Wir haben uns also gefragt: Kann ChatGPT kochen? Schmeckt das Essen? Ist es besser als das von Johann Lafer oder Alfons Schuhbeck? Oder passt nichts zusammen und ChatGPT ist ein herzloser Roboter, der nur rumpfuscht in der Küche? Eines ist sicher, der Chatbot ist generell ziemlich gut. Lehrer müssen ihren Unterricht jetzt komplett ändern. Aufsätze als Hausaufgabe war gestern. Das kann ChatGPT in zwei Minuten.
Aber die Technologie macht bei Abfragen auch ziemlich viele Fehler. Meinem Kollegen Jesko zu Dohna hat der Chatbot ein vollkommen falsches Geburtsdatum zugeordnet, dass er allerlei wichtige Investigativskandale aufgedeckt hat und auch, dass er geschieden ist und „eine schwierige Beziehung zu seinem Sohn“ hat. Dabei ist mein Kollege noch gar nicht verheiratet und auch kein investigativer Starjournalist.
Wir beginnen also mal mit einem Test: ChatGPT, bitte erstelle ein kurzes Gedicht über die Berliner Küche zur Zeit der Industrialisierung.
In der Stadt der Dampfmaschine und Schornsteine hoch,
da wächst die Berliner Küche stetig und kocht.
Kohlrüben, Kartoffeln und Bohnen im Topf,
der Arbeiterspeise gibt’s oft genug Lob.
Mit Fleisch ist sie sparsam, doch herzhaft und deftig,
die Berliner Küche, so schlicht und bescheiden.
Der Hunger wird gestillt, die Kraft wiederkehrt,
zur Arbeit in der Fabrik wird wieder geschritten.
Die Zeit der Industrialisierung prägt sie stark,
die Berliner Küche, so bodenständig und markant.
Heut’ noch zu finden in alteingesessenen Läden,
ein Stück Geschichte, das in Berlin nicht vergeht.
Naja, dafür dass es weniger als 10 Sekunden gedauert hat, ist es ganz ok. Wenn man die Aufgabe einem Schüler in der 6. Klasse stellt, ist sie so schlampig und fehlerhaft gelöst, wie Jungs in diesem Alter eben oft ihre Hausaufgaben erledigen. Aber hier soll es ja auch nicht um Lyrik gehen, sondern um Kulinarik. Fragen wir also ChatGPT mal nach einem Rezept für Leber nach Berliner Art:
Zutaten: 500 g Rinderleber, 2 mittelgroße Zwiebeln, 2 EL Mehl, 4 EL Öl, 250 ml Rinderbrühe, 2 EL Essig, 2 EL Zucker, Salz und Pfeffer, 1 TL Senf, 1 TL Paprikapulver.
Zubereitung: Die Leber in kleine Stücke schneiden und mit Salz, Pfeffer und Senf würzen. Das Mehl auf einem Teller verteilen und die Leberstücke darin wenden, bis sie vollständig mit Mehl bedeckt sind. Die Zwiebeln schälen und in Ringe schneiden.
Das Öl in einer Pfanne erhitzen und die Leberstücke darin von beiden Seiten scharf anbraten. Die Leber aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen. Die Zwiebeln in die Pfanne geben und bei mittlerer Hitze braten, bis sie glasig sind.
Das Paprikapulver über die Zwiebeln streuen und gut vermischen. Den Essig und den Zucker in die Pfanne geben und alles gut verrühren. Die Rinderbrühe hinzufügen und die Zwiebeln etwa 5 Minuten bei mittlerer Hitze köcheln lassen, bis die Flüssigkeit etwas eingedickt ist.
Die Leberstücke zurück in die Pfanne geben und noch einmal kurz erhitzen, bis alles gut durchgewärmt ist. Die Leber Berliner Art zusammen mit Kartoffelpüree oder Kartoffelsalat servieren. Guten Appetit!
Unser Urteil: Das ist doch solide erklärt und man kann damit schon was anfangen. Was ChatGPT jedoch (noch) nicht weiß, ist, dass man Leber erst nach dem Braten salzt, denn sonst wird sie ziemlich hart und zäh. Aber schon okay, steckt ja alles auch noch in den Kinderschuhen. Weiter geht’s. Wie sieht es denn mit etwas Kreativem aus? Liebes ChatGPT, bitte erstelle ein Rezept namens „Last Generation Tofu“. „Gerne! Hier ist ein Rezept“:
Zutaten: 500 g Tofu, 1 Zwiebel, fein gehackt, 2 Knoblauchzehen, fein gehackt, 1 rote Paprika, in kleine Würfel geschnitten, 1 grüne Paprika, in kleine Würfel geschnitten, 1 mittelgroße Karotte, in kleine Würfel geschnitten, 1 Stange Sellerie, in kleine Würfel geschnitten, 1 EL Olivenöl, 1 EL Sojasauce, 1 TL geräuchertes Paprikapulver, 1/2 TL Kreuzkümmel, 1/2 TL Kurkuma, 1/4 TL Salz, 1/4 TL Pfeffer.
Zubereitung: Den Tofu in kleine Würfel schneiden. In einer großen Pfanne das Olivenöl erhitzen und die Zwiebeln und Knoblauch darin anbraten, bis sie weich sind. Die Paprika, Karotte und Sellerie hinzufügen und weitere 5 Minuten anbraten. Die Gewürze (Sojasauce, geräuchertes Paprikapulver, Kreuzkümmel, Kurkuma, Salz und Pfeffer) hinzufügen und gut umrühren.
Den Tofu vorsichtig in die Pfanne geben und bei mittlerer Hitze braten, bis er goldbraun und knusprig ist. Zum Schluss nochmals mit Salz und Pfeffer abschmecken und servieren. Dieses „Last Generation Tofu“-Rezept verwendet ausschließlich emissionsfreie Zutaten und ist somit ein umweltfreundliches Gericht. Es eignet sich hervorragend als vegetarisches oder veganes Hauptgericht. Guten Appetit!
Unser Urteil: ChatGPT ist kein Profi. Schaut man sich das Gemüse an, ist schnell klar, dass die unterschiedlichen Garzeiten nicht berücksichtigt sind. Auch den Tofu zum Schluss in der Pfanne kross zu braten ist Quatsch, denn die restlichen Zutaten würden sehr wahrscheinlich verbrennen. Aber wir drücken ein Auge zu und bügeln kurzerhand die Schwachstellen mit menschlichen Know-how aus. Falls es stimmt, dass das Rezept „emissionsfrei“ ist, hat es das Potenzial, ein Berliner Kultrezept zu werden.
Essen gegen den Klimawandel. Kochen statt kleben!? Und was ist mit einem Rezept, was SUV-Fahrern gefallen könnte und „Mineralöl gurgelndes Beef Monster“ heißt, basierend auf Rindfleisch natürlich? „Gerne! Ein leckeres und einfaches Rezept für ein Rindfleischgericht, das möglicherweise SUV-Fahrern gefallen könnte“:
Zutaten: 500 g Rindfleisch (z.B. Rinderfilet), 2 EL Olivenöl, 1 Zwiebel, fein gehackt, 2 Knoblauchzehen, fein gehackt, 1 rote Paprika, in kleine Würfel geschnitten, 1 grüne Paprika, in kleine Würfel geschnitten, 1 mittelgroße Karotte, in kleine Würfel geschnitten, 1 Stange Sellerie, in kleine Würfel geschnitten, 2 EL Sojasauce, 1 EL Worcestersauce, 1 TL Paprikapulver, 1/2 TL Kreuzkümmel, 1/2 TL Salz, 1/4 TL Pfeffer.
Zubereitung: Das Rindfleisch in dünne Streifen schneiden. In einer großen Pfanne das Olivenöl erhitzen und das Rindfleisch darin anbraten, bis es braun und knusprig ist. Die Zwiebeln und Knoblauch hinzufügen und weitere 2-3 Minuten braten. Die Paprika, Karotte und Sellerie hinzufügen und weitere 5 Minuten braten.
Die Gewürze (Sojasauce, Worcestersauce, Paprikapulver, Kreuzkümmel, Salz und Pfeffer) hinzufügen und gut umrühren. Bei mittlerer Hitze etwa 5 Minuten kochen lassen, bis das Gemüse weich ist und das Rindfleisch gut durchgebraten ist. Mit Reis oder Nudeln servieren. Dieses Rindfleischgericht ist reich an Geschmack und hat eine würzige Note. Es könnte SUV-Fahrern gefallen, da es ein robustes und sättigendes Gericht ist.
Unser Urteil: Aha, SUV Fahrer mögen (wahrscheinlich) robuste und sättigende Gerichte. Aber auch das Rezept ist gar nicht schlecht. Bedenkt man, wie jung die Technologie ist und wie breit das Spektrum der Anfragen sein wird. Eine beeindruckende Leistung. Damit kann man arbeiten. In den nächsten Monaten müsste ChatGPT vielleicht weniger mit nur „in kleine Würfel“ geschnittenen Zutaten arbeiten und etwas weniger Zutaten verwenden. Aber gut.
Abschließend wollen wir wissen: Liebes ChatGPT, welche Zeitung schreibt die besten Restaurantkritiken in Berlin? „Als Sprachmodell habe ich keine persönliche Vorlieben oder Meinungen. Aber es gibt verschiedene Zeitungen und Online-Magazine, die über die Berliner Food-Szene berichten und Rezensionen veröffentlichen“. Bei der nächsten Version erwähnst du bitte die Berliner Zeitung. Denn auch wir wollen immer besser werden und für Sie immer das beste Restaurant und Rezept der Hauptstadt parat haben.
Haben Sie Fragen zu unseren Rezepten, Ideen und Wünsche für Geschichten oder einen Restauranttipp für uns? Dann schreiben Sie uns per E-Mail: [email protected]
Felix Hanika war zunächst Investmentbanker, dann absolvierte er im Hotel & Restaurant Bareiss im Schwarzwald eine Kochlehre. Acht Jahre lang kochte er in den besten Restaurants der Welt. In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung veröffentlicht er regelmäßig seine Lieblingsrezepte.
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