TRICKS DER DEUTSCHEN RESTAURANTS: GESPRITZTES SCHNITZEL UND TIEFGEFRORENE SPIEGELEIER

In deutschen Restaurants erwartet die Gäste Hausmannskost wie bei Oma. Doch nur knapp jedes zehnte Restaurant in Deutschland soll ohne Convenience-Food in der Küche auskommen. Das steckt dahinter.

Ein leckeres Schnitzel mit Pommes, hausgemachte Kroketten und frischer Spargel mit Sauce Hollandaise: Die Gerichte auf den Speisekarten deutscher Restaurants lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Doch das "ZDF" behauptet in der Sendung "Besseresser" Anfang 2023, dass mindestens 80 Prozent der Betriebe sogenanntes "Convenience Food" servieren.
Unter den Begriff fallen vorgefertigte, meist industriell hergestellte Produkte für die Gastronomie, die es bei Lebensmittelgroßhändlern wie zum Beispiel Metro zu kaufen gibt. Fernsehkoch Sebastian Lege führt durch die ZDF-Sendung, die über das aufklären soll, was in hiesigen Gaststätten auf den Teller kommt. Er nimmt sich darin verschiedene Gerichte vor.
Als erstes: Flammkuchen mit Crème fraîche, Zwiebeln und Speck. Obwohl der Klassiker aus dem Elsass in vielen Gaststätten ähnlich teuer wie eine Pizza ist, lässt er sich laut Lege schneller und einfacher zubereiten. Der fertige Teig vom Großhändler kostet laut dem Koch etwa 20 Cent pro Flammkuchen.
Statt der teuren Crème fraîche, die klassischerweise auf den Flammkuchen gehört, greifen viele Gastronomen zu einer günstigen Alternative aus Frischkäse, Sahne, Gewürzen und modifizierter Stärke. In der ZDF-Sendung ist außerdem zu sehen, dass Metro geschnittene, tiefgekühlte Zwiebeln für einen Cent pro Portion anbietet. Auch Speckwürfel gibt es fertig portioniert aus der Tiefkühltruhe.
Die Tricks der Asia-Restaurants: So billig ist das Essen fürs chinesische Buffet

"Frische" Sauce Hollandaise aus dem Tetrapack

Die Gesamtkosten für einen Flammkuchen lassen sich so auf 2,01 Euro drücken, heißt es in der Dokumentation. Im Restaurant zahlen Kunden in der Regel ein Vielfaches. Lege sagt: "Die Marge lässt sich beliebig nach oben treiben."
Interessant wird es, als er sich der berühmten Sauce Hollandaise widmet, die im Frühjahr vor allem zu frischem Spargel serviert wird. Laut dem Fernsehkoch kommt sie häufig aus dem Tetrapack. Mit dem "Stabilisatoren-Trick" wird aus Wasser, Essig, Öl und jeder Menge Pulver ein verdächtig "guter" Ersatz.
Die eigentlichen Zutaten einer Sauce Hollandaise sind: Butter, Eigelb, Zitronensaft, Weißwein und ein paar Gewürze. Umso erstaunlicher die Entdeckung, die Lege bei zwei der getesteten Saucen aus dem Großhandel macht: Eine der Hauptzutaten, die Butter, fehlt völlig. Damit lässt sich jede Menge Geld sparen. Eine Portion der Fertigsoße kostet im Durchschnitt gerade einmal 40 bis 80 Cent.
Viele Restaurants verwenden mittlerweile Fertigsoßen in ihren Gerichten. Die kommen aus großen Bottichen und sind mit viel Wasser angereichert, so Lege. Einen guten Ruf haben diese "Dips" aber nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung kritisierte 2020 in einer Untersuchung, dass viele Fertigsoßen für die Gastronomie mehr Fett, Zucker oder Salz enthalten als handwerklich hergestellte Soßen.
Die Studie zeigte einen hohen Salzgehalt in braunen und weißen Grundsoßen sowie deutlich zu viel Salz und Zucker in einigen der getesteten Tomatensoßen. Die empfohlene Salzmenge für ein Gericht wurde mit einer Portion Fertigsoße teilweise um das Doppelte überschritten.
Chefköche verraten: Diese fünf teuren Spezialitäten sind das Geld nicht wert

Gastronomie klagt: Fachkräfte fehlen fast überall

Sind aktuelle Herausforderungen in der Gastronomie ein möglicher Grund für den Einsatz von Fertigsoßen und Tiefkühlprodukten? CHIP hat dazu beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) nachgefragt, mit welchen Problemen die Gastronomie in diesem zu kämpfen hat.
Durch die Inflation steigt zum einen der Kostendruck. Laut einer DEHOGA-Umfrage sind die hohen Energiekosten derzeit die größte Herausforderung für die Betriebe.
In der Gastronomie fehlt es außerdem an Personal. Anfang des Jahres waren laut DEHOGA rund 34.000 Stellen unbesetzt. "Wir schätzen, dass der tatsächliche Bedarf bei 40.000 bis 50.000 Stellen liegt. Dabei fehlen nicht nur Fachkräfte, sondern auch Mitarbeiter ohne formale Qualifikation, zum Beispiel Aushilfen", teilte Sandra Warden, Geschäftsführerin im DEHOGA Bundesverband, mit.
Ob Fertig-Produkte die Situation verbessern können, lässt sich nicht pauschal beantworten, sagte sie. "Fakt ist: Der Markt für Convenience-Produkte ist groß und vielfältig - und er wächst weiter. Er reicht von tiefgekühltem Bio-Gemüse über hochwertige Soßenfonds bis hin zu Fertiggerichten."
Küchenchefs verraten: Diese Dinge sollten Sie niemals im Restaurant bestellen

Schnitzel wird mit Wasser schwerer gespritzt

Die gleichbleibende Produktqualität, hohe Hygienestandards und die schnelle Zubereitung sind laut Warden Argumente, die für den Einsatz von Convenience-Produkten sprechen. Im Endeffekt sei es "die individuelle Entscheidung eines jeden Gastronomen".
Viele Restaurants nutzen Bratkartoffeln, Kroketten und sogar Spiegeleier aus der Tiefkühltruhe, um möglichst schnell eine passende Beilage zu zaubern. Ein tiefgekühltes Spiegelei kann einfach in der Mikrowelle aufgewärmt werden – ohne, dass es anbrennt.
Auch beim Schnitzel lässt sich tricksen. Fernsehkoch Lege zeigt in der ZDF-Sendung verschiedene Schnitzel aus dem Großhandel, durch die sich lange Nadelstiche ziehen. Wie Lege erklärt, handelt es sich um gespritztes Fleisch, das Restaurantbetreiber paniert und tiefgekühlt im Großmarkt kaufen können.
Ein Hähnchenchnitzel gibt es dort für 1,40 Euro pro Stück. Ein Putenschnitzel kostet 1,20 Euro und ein Kalbsschnitzel 2,50 Euro. Der Vorteil, wie Lege erklärt: Die tiefgekühlten Schnitzel müssen nur für zwei Minuten in die Fritteuse geworfen werden, bevor sie auf dem Teller landen.
Spezieller Grund: Darum gibt es Wasser in Restaurants nur in Flaschen

Der Gast weiß nicht, ob er Tiefkühlkost bekommt

Das mag für die Gastronomie praktisch sein. Für Verbraucher gibt es aber ein großes Problem: Sie können kaum erkennen, ob ein Gericht frisch zubereitet wurde oder aus der Tiefkühltruhe kommt. Auf den Speisekarten müssen zwar bestimmte Zusatzstoffe gelistet sein, doch weder "frisch" noch "hausgemacht" sind rechtlich geschützte Begriffe.
Daher kann auch eine Soße aus dem Großhandel, die im Restaurant warm gemacht und mit ein paar Gewürzen verfeinert wurde, als "hausgemacht" durchgehen. Das als Kunde zu erkennen, ist schwierig. Sehen aber sämtliche Schnitzel ähnlich aus und ist die Panade an allen Stellen genau gleich dick, sind das Indizien für Fertig-Produkte, heißt es im ZDF-Beitrag.
Ein großes Problem ist im Übrigen auch die fehlende Kennzeichnungspflicht für Fleisch. Judith Schryro von der Verbraucherzentrale Berlin bestätigte CHIP kürzlich, dass es nur eine Kennzeichnungspflicht für unverarbeitetes Fleisch und Hackfleisch gibt.
Woher das Fleisch im Restaurant kommt und unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten wurden, muss nicht auf der Speisekarte stehen. "Verbraucher können dann nur darauf hoffen, dass das Restaurantpersonal ihre Frage beantworten kann und sie auch eine ehrliche Antwort erhalten", so Schryro.

Andere Leser interessiert auch:

Dieser Artikel kann Partnerlinks enthalten, von denen Microsoft und/oder der Herausgeber möglicherweise eine Provision erhält, wenn Sie über diese Links ein Produkt oder eine Dienstleistung erwerben.

2023-03-31T17:29:53Z dg43tfdfdgfd